1. Tag (Sa. 02.09.2023): Anreise in den Kosovo nach Pristina
Individuelle Anreise nach Pristina. In der Regel landen Sie in Pristina um 11:25 Uhr mit dem Flugzeug aus Wien.
Gemeinsamer Transfer vom Flughafen zum Hotel.
Eine Anreise auf dem Landweg ist grundsätzlich möglich, dauert aber gut 2-3 Tage.
Mi. 30.08. Nachtzug von München nach Budapest (+1Tag)
Do. 31.08. Bus von Budapest nach Belgrad. 1x ÜN in Belgrad!
Fr. 01.09. Bus von Belgrad nach Pristina.1x Zusatznacht in Pristina
Achtung: Bei Ein- und Ausreise über Land unbedingt die aktuellen Ein- und Ausreisebestimmungen von Serbien zum Kosovo beachten (siehe unten!)
Nach einem Mittagsimbis treffen wir gegen 14 Uhr unsere charmante Führerin Adelina Ismaili und erkunden bei einem ersten Spaziergang die Stadt. Die Beschreibungen der Orte, die wir heute und an den nächsten Tagen in Pristina besuchen werden, finden Sie bei den folgenden Tagen. Die Reihenfolge wird kurzfristig je nach Ausstellung und Besichtigungsmöglichkeiten festgelegt.
Gemeinsames Abendessen, ÜN in Pristina.
2. Tag (So. 03.09.2023): Osmanisches Erbe und Jugoslawische Moderne
Pristina verfügt über ein beachtliches architektonisches Erbe aus der ottomanischen Zeit, die bis 1912 währte. Daneben steht die moderne Stadt, welche von Bauten der jugoslawischen Moderne sowie von den jüngsten politischen und sozialen Konflikten gezeichnet ist.
Während der heutigen Stadtspaziergänge besuchen wir am Vormittag u.a. das Ethnologische Museum, ein Wohnkomplex der Familie Emin Gjiku aus dem 18. Jh., der einen Einblick in das ottomanische Kosovo gewährt. Unweit des Museums im Herzen der Altstadt liegt die Sultan-Mehmed-al-Fatih-Moschee aus dem Jahr 1461, die als größte Moschee im ehemaligen Jugoslawien gilt.
Das Nationalmuseum des Kosovo befindet sich am Rande der Altstadt und fällt besonders durch seine österreichisch-ungarische Architektur auf. Auf zwei Etagen werden prähistorische Objekte aus dem Kosovo und vor allem Fundstücke und Archivmaterial aus dem Kosovokrieg 98/99 präsentiert.
Nach der Mittagspause ist der
"Palast der Jugend und des Sports" unser erstes Ziel. Die 1977 im brutalistischen Stil erbaute Multifunktionshalle (Architekt Živorad Janković / Halid Muhasilović) erinnert an eine aufsteigende Flamme und war ursprünglich den antifaschistischen Widerstandskämpfern Boro Vukmirović and Ramiz Sadiku gewidmet, die - ein Serbe und ein Albaner - symbolisch für die Bruderschaft und Einigkeit zwischen Serben und Albanern standen. Als Zeichen der Unabhängigkeit des Kosovo wurde 2008 vor dem Palast komplementär das
"Newborn-Monument" errichtet.
In unmittelbarer Nähe befindet sich mit dem Rilindja-Komplex ein weiteres im brutalistischen Stil errichtetes Gebäude, in welchem zu jugoslawischer Zeit die zweitgrößte Zeitung des Balkans hergestellt wurde. Das legendäre Verlagshaus brachte Schriftsteller, Kulturschaffende, Redakteure und Intellektuelle zusammen und schuf in den 1970er Jahren eine eigene Bewegung des Modernismus.
Nach dem Kosovo-Krieg wurde Rilindja privatisiert und die Druckerei aufgelöst. Zu neuem Leben erwachte das Gebäude als Treffpunkt für das pulsierende Nachtleben elektronischer Musik in Prishtina.
An der ikonischen Architektur der Nationalbibliothek vorbei (die wir uns im Detail am nächsten Tag anschauen werden) kommen wir zur erst 2018 eingeweihten römisch-katholischen Mutter-Teresa-Kathedrale. Die helle dreischiffige, in modern adaptierten Formen der italienischen Romanik erbaute Basilika steht mit ihren bunten Glasfenstern in angenehmen Kontrast zu der etwas rohen Betonarchitektur der 1970er Jahre.
Gemeinsames Abendessen, ÜN in Pristina.
3. Tag (Mo. 04.09.2023): Nationalbibliothek, Kunst-Orte und das Erbe der Manifesta 14Das Gebäude der Nationalbibliothek mit seinen 99 Kuppeln und der eigenwilligen Netzstruktur ist nicht nur für den Kosovo herausragend, sondern wurde 2019 auch vom New Yorker Museum of Modern Art in der Ausstellung "Toward a Concrete Utopia" entsprechend gewürdigt. Das vom jugoslawischen Architekten Andrija Mutnjaković entworfene und 1982 eröffnete Bauwerk verbindet als Gesamtkunstwerk auf eindrucksvolle Weise byzantinische und ottomanische Baustile mit moderner Architektur.
Im Anschluss führt uns Adelina zu Kunstorten, die sich mit zeitgenössischen Positionen von Künstlern aus dem Balkanraum und darüber hinaus beschäftigen.
Unter anderem besuchen wir - je nach aktueller Ausstellung - die Nationalgalerie des Kosovo, die 2021 eröffnete Gallery 17, die Paper Gallery, das 2006 eröffnete Zentrum für Gegenwartskunst "Stacioni" oder auch die LambdaLambdaLambda Gallery, Pristinas erste internationale Galerie für Gegenwartskunst, die 2015 von Isabella Ritter und Katharina Schendl eröffnet wurde und verschiedene kosovarische Künstler vertritt.
Von Juli bis Oktober 2022 war die Manifesta 14 zu Gast in Pristina. Die als Biennale durchgeführte Wanderausstellung macht europäische Städte zum Objekt künstlerischer Stadtforschung und untersucht und diskutiert die ökonomischen und sozialen Bedingungen im urbanen Raum.
Einige Projekte der Manifesta sollen auch im Anschluss bestehen bleiben und weitergeführt werden. Im zweiten Teil unserer heutigen Stadterkundung gehen wir diesem Erbe nach und sehen was aus der "Brick Factory", ein in Zusammenarbeit mit dem Architektenkollektiv raumlabor Berlin transformierter Gemeinschaftsort, dem Zentrum für Narrative Praxis in der ehemaligen Hivzi Sylejmani Bibliothek oder den Installationen der kosovarischen Künstler Petrit Halilaj und Flaka Haliti geworden ist.
Gemeinsames Abendessen, ÜN in Pristina.
4. Tag (Di. 05.09.2023): Römisches Ulpiana - Kloster Gračanica - Roma-Projekte
Nach dem Frühstück fahren wir ins Umland und begeben uns zuerst in die spätrömisch-frühbyzantinische Vergangenheit und besuchen dafür den Archäologiepark Ulpiana. Vor 2.000 Jahren wurden von Ulpiana aus die reichen mineralischen Bodenschätze der das Amselfeld umschließenden Gebirgskette bis in das Zentrum der antiken Welt, nach Rom, aber auch in die entferntesten Reichsteile wie Palästina und Dacien (Rumänien) verhandelt.
Nur wenige Minuten entfernt liegt unser nächste Ziel: das serbisch-orthodoxe Kloster Gračanica aus dem 14. Jahrhundert. Die Kreuzkuppelkirche mit ihren fünf Kuppeln gehört zu den herausragenden sakralen Bauwerken und ist mit seinen zahlreichen und fein gearbeiteten Fresken eines der bekanntesten Bauwerke der byzantinischen Kunst. Seit 2006 gehört es zum Unesco Weltkulturerbe.
Am Nachmittag besuchen wir in der Nachbarschaft von Fushë Kosovë ein Projekt des "The Name Comes Last Collective", in dem zusammen mit Jugendlichen der Roma und Ashkali verlassene Zugwagons mit einfachen Up-Cycling Methoden in einen Spielplatz und Gemeinschaftsraum transformiert wurden.
Ganz in der Nähe befindet sich das Atelier der beiden Roma-Künstler Bajram & Farija Mehmeti. Die Geschwister sind beide begeisterte Maler, konnten sich ein Studium aus der Armut heraus aber nie leisten. Während sich Bajram auf Alltagsszenen aus dem Leben der Roma konzentriert, malt seine Schwester Farija Porträts von Roma-Frauen und zeigt ihre farbenfrohe Art, sich zu kleiden.
Ihre kraftvollen Arbeiten konnten inzwischen in verschiedenen Ausstellungen im Kosovo und darüber hinaus bewundert werden, wie zuletzt Farijas Bilder im Rahmen der RomaMoMA Library auf der Manifesta 14. Außerdem haben sie beide ihren Traum einer kleinen Malschule in ihrem Heimatort umgesetzt, um ihr Wissen und ihre Kreativität an Kinder und Jugendliche weiterzugeben.
Gemeinsames Abendessen, ÜN in Pristina.
5. Tag (Mi. 06.09.2023): Music4all - Mitrovica - Prekaz War MemorialHeute packen wir die Koffer und verlassen Pristina. Unweit der Stadt stoßen wir auf den Gazimestan-Turm, der zur Gedenkstätte der Schlacht am Amselfeld gehört, in der sich am 28. Juni 1389 ein christliches Heer unter dem serbischen Fürsten Lazar Hrebeljanović der muslimischen osmanischen Streitkraft unter Sultan Murad I. entgegenstellte. Am Ende sind beide Heerführer in der Schlacht gestorben und Serbien viel für fast 400 Jahre unter osmanische Herrschaft.
Der 28. Juni verband sich mit anderen christlichen und heidnischen Einflüssen zu dem besonders für die Serben bedeutenden Feiertag Vidovdan, dessen Feier besonders an der historischen Stätte Gazimestan eine hohe Symbolwirkung zukommt. Seit dem Ende des Kosovo-Krieges 1999 steht die Feier auf dem Gazimestan wieder verstärkt in einem neuen ethnisch-nationalen Konfliktfeld zwischen albanischen und serbischen Ansprüchen.
Bevor wir nach Mitrovica weiterfahren, ist ein Besuch beim Roma-Projekt Music4all geplant. Zusammen mit den Musikern der Jimmy Mustafa Band, die in den Vororten von Pristina in ärmsten Verhältnissen leben, ist hier ein ganz besonderes Musikprojekt entstanden. Unterstützt durch die Schweizer Organisation "Setu Projects" und die kosovarische NGO "Roma Versitas" konnte eine Musikschule gegründet werden, um Roma-Kindern regelmässigen Unterricht in Gesang, Gitarre, Klarinette, Klavier und Schlagzeug zu ermöglichen.
Die Musik gibt den Kindern ein Stück Hoffnung zurück, sie gewinnen Selbstvertrauen, lernen sich und ihre Gefühle auszudrücken und dürfen eine Tradition weiterleben, die zur Lebensfreude und zum Stolz ihrer Gemeinschaft gehört.
Nach einer knappen Stunde erreichen wir Mitrovica, am südwestlichen Rand des Kopaonik-Gebirges gelegen.
Nach dem Kosovokrieg 1999 wurde die Stadt in einen Südteil mit fast ausschließlich albanischer Bevölkerung und einen Nordteil mit überwiegend serbischer Bevölkerung aufgeteilt, wobei die beiden Stadtteile durch zwei Straßenbrücken und einen Fußgängersteg über den Fluss Ibar verbunden sind.
Nachdem in den Jahren nach dem Krieg und wieder nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo 2008 die Konflikte in Mitrovica immer wieder auch gewaltsam ausgetragen wurden, ist es in den letzten Jahren deutlich ruhiger geworden, auch wenn der Konflikt wie z.B. im "Autoschilder-Streit" 2021/22 wieder aufgeflammt war.
Wir planen den Besuch beider Stadtteile und des - auf einem Hügel am nördlichen Rand der Stadt thronenden - Monuments der serbischen und albanischen Partisanen, das an die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Partisanen erinnert und als gemeinsames Wahrzeichen der Stadt gilt.
Auf dem Weg nach Peja machen wir Halt in Prekaz an der Erinnerungsstätte der Familie Jashari, deren 60 Familienmitglieder - darunter der UÇK-Kommandeur Adem Jashari - 1998 beim sogenannten Prekaz-Massaker von serbischer Polizei und Militär umgebracht wurden.
Das Massaker wurde nicht nur von Amnesty International scharf kritisiert, es führte zu Protesten in Europa und den USA sowie zu großem Zulauf bei der UÇK und letztlich zum Beginn des Kosovo-Krieges.
Am frühen Abend erreichen wir Peja. Gemeinsames Abendessen, ÜN in Peja.
6. Tag (Do. 07.09.2023): Rugova Canyon - Deçan Kloster - Gjakova
Nach dem Frühstück machen wir einen geführten Rundgang durch Peja, viertgrößte Stadt des Kosovo. Die meisten Besucher kommen nach Peja allerdings wegen der Rugova-Schlucht, die sich unweit der Stadt spektakulär zwischen den höchsten Gipfeln Albaniens, Kosovos und Montenegros durchwindet. Mit einer Länge von 25 km und einer Tiefe von bis zu 1.000 Metern gilt das Rugova-Tal als eine der längsten und tiefsten Schluchten Europas.
Während unseres Ausflugs durch die Rugova-Schlucht besuchen wir auch das Patriarchenkloster Peć, dessen Architektur stark an die Athosklöster erinnert, im Besonderen an das Kloster Vatopedi, das den serbischen Mönchen sehr nahestand. Beide Stifter des Patriarchenklosters besuchten die Klöster des Heiligen Berges und waren einige Jahre Äbte im Kloster Hilandar. Seit 2006 gehört das Patriarchenkloster zum Unesco Weltkulturerbe.
Auf unserem Weg in Richtung Prizren kommen wir an verschiedenen Kulla-Häusern vorbei. Die aus 2-3 Stockwerken bestehenden wehrhaften Wohntürme findet man insbesondere im Westen und Süden des Kosovo sowie in Nord-Albanien. Dieser Gebäudetyp entstand im Osmanischen Reich ab dem 17. Jahrhundert und war in der Regel für dauerhaftes Wohnen ganzer Großfamilien konzipiert.
Beim Besuch des Deçan Kloster (ebenfalls Weltkulturerbe) können wir dann das einzige aus dem Mittelalter vollständig erhaltene Freskenensemble der Byzantinischen Kunst bewundern, bevor wir im Städtchen Gjakova durch den ältesten Bazaar des Kosovo zum Sheh Emini Tekke spazieren, dem Versammlungsort des Dervish-Ordens.
Am frühen Abend erreichen wir Prizren. Gemeinsames Abendessen, ÜN in Prizren.
7. Tag (Fr. 08.09.2023): Prizren, die Stadt der Lilien
Die heute zweitgrößte Stadt des Kosovo wurde bereits im 11. Jahrhundert das erste Mal erwähnt und spielte in der Geschichte des Landes immer wieder eine bedeutende Rolle: als religiöses Zentrum der serbisch-orthodoxen Kirche und ab dem 15. Jh. des Islam, als eine der größten Städte der Region und als Handelszentrum in dem auch mitteleuropäische Kaufleute ihre Niederlassungen eröffneten.
Im aufstrebenden Nationalbewußtsein gegen Ende der osmanischen Herrschaft im 19. Jahrhundert war Prizren dann Treffpunkt albanischer Schriftsteller und Widerstandskämpfern, die versuchten – teils mit Worten, teils mit Gewalt – die Herrschaft der Osmanen in den albanischen Gebieten zu beenden.
Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches im Russisch-Osmanischen Krieg 1878 war es wiederum die Albanische Liga von Prizren - eine Vereinigung albanischer Intellektueller - welche die im Frieden von San Stefano vorgesehene Aufteilung von Albanern bewohnter Gebiete unter Bulgarien, Montenegro und Serbien durch politischen und militärischen Druck zu verhindern versuchte.
Auf unserem Rundgang durch die pittoreske Altstadt besuchen wir neben dem 1498 erbauten Hamam Gazi Mehmet Pascha, der Sinan-Pascha-Moschee (17. Jh.), der Helveti-Tekke (ein Derwischkonvent des Sufiorden der Halveti) auch die im frühen 14. Jahrhundert gegründete älteste Fünfkuppelkirche der serbischen Kunst, die Kathedrale Bogorodica Ljeviška (Unesco Weltkulturerbe).
Die Moscheen, Synagogen, orthodoxe Kirchen und die katholische Kathedrale sind Zeugen einer Vergangenheit, in der jahrhundertelang Menschen aller Religionen friedlich zusammenlebten. Daher nannte man Prizren früher auch das "Jerusalem des Kosovo". Aber auch "Stadt der Lilien" wurde Prizren genannt, weil die Blumen überall wachsen, wo es ein Stückchen Erde gibt: in den Gassen, auf den Brücken und in den Basaren.
Gemeinsames Abendessen, ÜN in Prizren
8. Tag (Sa. 09.09.2023): Heimreise oder Verlängerung
Nach dem Frühstück bringen wir Sie zum Flughafen nach Pristina (Fahrzeit ca. 60 Minuten), wo der Rückflug über Wien gegen 12:00 Uhr startet.
Sie können die Reise natürlich in der Region verlängern. Wir helfen Ihnen gerne bei der Planung.
Die Heimreise auf dem Landweg ist ebenfalls möglich, benötigt aber auch wieder 2-3 Tage:
Sa. 09.09. Bus von Pristina nach Belgrad (+1Tag)
So. 10.09. Bus von Belgrad nach Budapest
So. 10.09. Nachtzug von Budapest nach München (+1Tag)
Achtung: Bei Ein- und Ausreise über Land unbedingt die aktuellen Ein- und Ausreisebestimmungen von Serbien zum Kosovo beachten (siehe unten!)