1. Tag (Mi.): Anreise nach Stuttgart
Individuelle Anreise nach Stuttgart. Wir planen das Programm so, dass auch eine Anreise ab Norddeutschland bequem möglich ist.
Sie treffen Ihren Reiseleiter am späten Nachmittag im Hotel und unternehmen einen ersten Rundgang durch Stuttgart. Dabei geht es quer durch den Oberen Schlossgarten, an dessen Ende sich der Landtag mit seiner klassisch-modernen Architektur befindet, dann vorbei am barocken Neuen Schloss, hinüber zum Alten Schloss mit seinem herrlichen Renaissance-Innenhof und weiter zum klassizistischen Königsbau am Schlossplatz.
Architektur-Stadt Stuttgart
Die Herzöge und Könige von Württemberg wussten durch repräsentative Bauten zu beeindrucken. Und auch heute noch ist man in der Hauptstadt des „Ländles“ bei der Architektur alles andere als geizig, auch wenn den Schwaben gerne Sparsamkeit zugeschrieben wird. Wenn es ans Bauen geht – schließlich sieht man sich selbst gerne als Volk der Häuslebauer – wird geklotzt und nicht gekleckert. Stuttgart ist auf vielfältige Art und Weise eine Architektur-Stadt!
Gemeinsames Abendessen in einer Braugaststätte. Sie dürfen sich auf die köstliche schwäbische Küche freuen.
2. Tag (Do.): Kunstmuseum Stuttgart, Museum Ritter, Staatsgalerie
Heute beginnen wir den Tag mit einem Besuch im Kunstmuseum Stuttgart. Das Museum zeigt unter anderem die Sammlung der Stadt Stuttgart, zu der auch der größte Bestand an Arbeiten von Otto Dix gehört. Höhepunkt hierbei ist der berühmte Großstadt-Tryptichon.
Quadratisch, praktisch, gut
Danach geht es mit Bahn und Bus nach Waldenbuch. Der südlich gelegen Vorort, am Rand des Naturparks Schönbuch gelegen, ist Firmensitz der Schokoladenfabrik Alfred Ritter. Marli Hoppe-Ritter, die Enkelin des Unternehmers, begründete – von der quadratischen Form der Marke Ritter Sport inspiriert – eine Kunstsammlung mit Werken, die entweder das Quadrat als Grundform haben oder es thematisieren. Hoppe-Ritter hat dadurch eine außergewöhnlich pointierte Sammlung zusammengetragen. Seit 2005 steht auf dem Firmengelände das Museum Ritter, das die Sammlung sowie thematisch angelehnte Wechselausstellungen präsentiert.
Zwischendurch gemeinsames Mittagessen, bei dem Sie weitere Köstlichkeiten der schwäbischen Küche kennen lernen. Nach der Führung durch Sammlung und Sonderausstellung besteht Gelegenheit zum Schokoladen-Shopping direkt ab Werk, bevor wir ins Zentrum Stuttgarts zurückkehren.
Ikone der Postmoderne
Die Staatsgalerie hat heute bis 20 Uhr geöffnet, was wir nutzen möchten, um den postmodernen Neubau kennen zu lernen. Die außergewöhnliche Architektur aus der Feder von Sir James Stirling sucht weltweit ihresgleichen. Die Neue Staatsgalerie Stuttgart mit ihrer bunten Farbgebung und der ironischen Zitierung historischer Stilelemente gilt weltweit als Schlüsselwerk der Postmoderne. Auch die Sammlung kann sich sehen lassen: Höhepunkte sind Oskar Schlemmers „Figurinen zum Triadischen Ballett“, die berühmten „Rückenakte“ von Henri Matisse und der vom Künstler noch persönlich eingerichtete Joseph-Beuys-Raum – neben diversen Picassos, Giacomettis, Klees, Mackes etc.
3. Tag (Fr.): Kunsthalle Würth, Museum Würth und Museum Würth 2
Der Schraubenhändler Reinhold Würth zählt zu den größten Kunstsammlern und Mäzenen Deutschlands. Seine Sammlung besteht mittlerweile aus mehr als 20.000 Werken. Zunächst kaufte er Werke des Spätimpressionismus und des Expressionismus– genauso wie Malerei und Skulptur der Renaissance. Aber auch die aktuelle Kunst stieß bei ihm von Anbeginn auf Interesse – und bildet heute den Schwerpunkt. Der größte Teil der Arbeiten entspringt dem 20. und 21. Jhdt. Neben Pablo Picasso, Henry Moore, Eduardo Chillida sind dies u.a. Georg Baselitz, Anselm Kiefer, Christo und Jeanne-Claude, Stephan Balkenhol etc. Neben diesen internationalen Stars sind außerdem viele regionale Künstler vertreten.
Um seine Sammlung zu präsentieren, funktionierte er zunächst den Verwaltungssitz in Künzelsau zu einer Galerie um. Dieses Firmenmuseum befand sich de facto im Foyer des Gebäudes – und war für jedermann frei zugänglich. Hier mischten sich regelmäßig kunstinteressierte Besucher mit Mitarbeitern, die gerade Pause machten oder auch nur auf dem Weg zu einem Kopierer waren, der hinten in der Ecke stand.
Einst Verhüllung von Christo & Jeanne Claude
Dieses Museum wurde 1995 von Christo & Jeanne-Claude, mit denen Würth persönlich befreundet war, von innen verhüllt. Der Boden, die Treppen und die komplette Inneneinrichtung mit Sitzgelegenheiten, Tischen und dem Empfangstresen wurden mit Stoff eingefasst, die Fenster mit Packpapier verkleidet. Das Verwaltungsgebäude – normalerweise ein alltäglicher Arbeitsplatz für die Mitarbeiter – wurde so zu einer Art Kunstkokon, in die sich der Betrachter hineinbegeben konnte.
Doch das Verwaltungsgebäude reichte bald nicht mehr aus, um die gewaltige Sammlung auch nur ansatzweise präsentieren zu können. 2001 wurde die Kunsthalle Würth im nahen Schwäbisch Hall eröffnet. Und erst 2020 folgte das Museum Würth 2 ganz in der Nähe des Verwaltungsgebäudes im Teilort Künzelsau-Gaisbach.
Drei Museen für eine Sammlung
Wir fahren mit dem Regionalexpress zunächst nach Schwäbisch Hall und besuchen im Rahmen einer Führung die aktuelle Ausstellung in der Kunsthalle Würth. Im Anschluss geht es weiter mit dem Linienbus ins 20 Kilometer weiter nördlich gelegene Gaisbach. Dort lernen wir bei einer weiteren Führung zunächst das Museum Würth 2 kennen. Nach einer Kaffeepause erkunden wir dann das Ursprungs-Museum im nahen Verwaltungsgebäude, das über die kleinste Ausstellungsfläche der drei Museen verfügt.
Mittelalterliche Stadtperle
Rückfahrt nach Schwäbisch Hall, wo wir uns noch ganz in Ruhe das mittelalterliche Stadtzentrum ansehen werden. Wie der Name Hall schon verrät, wurde die Stadt durch Salz reich. Schon die Kelten nutzten mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung die salzhaltige Quelle zur Gewinnung des begehrten Rohstoffs. Richtig Schwung kam in die Salzgewinnung jedoch erst im Mittelalter. Die Stadt blühte damals regelrecht auf – was man ihr heute nach ansieht. Schwäbisch Hall war freie Reichsstadt sowie wichtiges Handels- und Tuchmacherzentrum.
Die Stadt liegt idyllisch am Hang des Kochertales und lädt zum Verweilen ein, was wir tun werden: Wir bleiben zum gemeinsamen Abendessen in Schwäbisch Hall und fahren erst spät mit dem Zug zurück nach Stuttgart.
4. Tag (Sa.): Schauwerk, Sammlung Domnick
Heute lernen wir zwei außergewöhnliche Sammler kennen, die allerdings weit weniger bekannt sind als Reinhold Würth oder die Schoko-Erbin: Peter Schaufler, der mit dem Schauwerk im Industriegebiet von Sindelfingen ein ganzes Kunstmuseum hinstellen ließ, und Ottomar Domnick, ein enger Freund von Willy Baumeister.
Das Schauwerk befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Zentrale der Firma Bitzer SE, die der Mäzen einst vom Vater übernahm und zum Weltmarktführer für Kälte- und Klimaanlagen im großindustriellen Maßstab ausbaute. Es handelt sich zweifellos um einen dieser „Hidden Champions“, von denen es gerade im Ländle so einige gibt: ein Unternehmen, das in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist, aber in seinem Segment weltweit führend ist. Die Produkte dieser Firma sorgen u.a. dafür, dass die Kühlkette beim Transport von empfindlichen Lebensmitteln nicht abreißt, dass in Einkaufszentren, Messehallen sowie in Bussen und Bahnen angenehme Temperaturen herrschen.
Unterkühlte Kunst
Kälte war das berufliche Elixier des Unternehmers Schaufler – und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sich Schaufler als Kunstsammler vor allem für jene Kunstströmungen interessierte, die eine nüchtern-kühlen Charakter haben: die Minimal Art, die Konzeptkunst, die Konkrete Kunst, die Arte Povera…
Die Sammlung, die Peter Schaufler gemeinsam mit seiner Ehefrau Christiane Schaufler-Münch von 1979 bis zu seinem Tod 2015 zusammengetragen hat, unterscheidet sich somit deutlich von dem, was die großen staatlichen Museen in dieser Zeit angekauft haben. Und der Hang zum Nüchtern-Kühlen spiegelt sich auch im Museumsgebäude wieder: Das Schauwerk sticht neben den ganzen anderen Gewerbegebäuden im Industriegebiet von Sindelfingen kaum heraus. Es könnte selbst ein reiner Zweckbau sein.
Wir erreichen das Schauwerk mit der S-Bahn. Nach der Führung durch die aktuelle Sammlungspräsentation Pause im museumseigenen Café. Dann Weiterfahrt zur Sammlung Domnick mit Bus und Bahn.
Porsche-Fan und Liebhaber der Moderne
Der Psychiater und Klinikdirektor Ottomar Domnick war ein ganz anderer Sammler-Typ als Peter Schaufler. Er trug seine Sammlung nicht allmählich im Hintergrund zusammen, sondern mischte selbst mit in der Kunstszene. Er war ein enger Freund von Willy Baumeister, einem der wichtigsten Protagonisten der deutschen Nachkriegsmoderne, und trat selbst auch als Filmproduzent und Drehbuchautor auf. Auf der Documenta 5 wurde sein Film „Augenblicke“ gezeigt. Außerdem war Domnick der erste Porsche-Kunde, gab dem Firmenchef Ferdinand Porsche Tipps fürs Marketing und lieferte dem Unternehmen einen detaillierten Bericht über Motor, Leistung und Fahrverhalten.
Bei ihrer Kunstsammlung fokussierten sich Ottomar Domnick und seine Frau Greta auf abstrakte Malerei der Nachkriegszeit. Besonders häufig vertreten sind Willi Baumeister, Hans Hartung und Fritz Winter. Um die Werle zu präsentieren, ließ er an einem Hang oberhalb von Nürtingen, mitten hinein in ein Landschaftsschutzgebiet, 1967 eine Villa mit beachtlichem Privatmuseum erbauen. Das wäre eigentlich schon damals nicht genehmigungsfähig gewesen, störte aber offenbar niemanden. Mittlerweile steht das Gebäude aufgrund seiner außergewöhnlichen modernen Architektur und den ihm umgebenden Skulpturengarten selbst unter Schutz.
Die Villa Domnick ist bis heute ein außergewöhnlicher Architektur-Solitär mit bestechend modernem Raumgefühl auf der Oberensinger Höhe geblieben. Bei gutem Wetter bietet sich von dort eine herrliche Sicht auf die Gebirgszüge der nahen Schwäbischen Alb.
Grabkapelle nach dem Vorbild Palladios
Außerdem ist an diesem Tag noch ein Besuch der Grabkapelle auf dem Württemberg geplant. Auf diesem Berg im heutigen Stuttgarter Stadtteil Rotenberg stand einst die Stammburg der Grafen, Herzöge und schließlich Könige von Württemberg. König Wilhelm I. ließ die Grabkapelle für seine viel zu früh verstorbene Ehefrau Katharina errichten.
Der Berg selbst gehört zu den besten Lagen am Neckar – für den Weinanbau. Die Rotenberger Winzer sind bekannt für ihre erstklassigen Weine, die man außerhalb Stuttgarts kaum bekommt, da die Schwaben die edlen Tropfen im Wesentlichen selbst konsumieren. Manches davon kommt sogar nie in den Handel, sondern wird direkt in den gemütlichen Besenwirtschaften ausgeschenkt, die die Winzer selbst betreiben.
In solch einem „Besen“, der üblicherweise auch einfache, herzhafte Gerichte anbietet, wollen wir den Tag ausklingen lassen.
5. Tag (So.): Weissenhof-Siedlung, Heimreise
Mit der Weissenhof-Siedlung bietet Stuttgart eines der wichtigsten Bau-Ensembles der Moderne: Sie wurde 1927 vom Deutschen Werkbund unter der Leitung von Ludwig Mies van der Rohe errichtet. Beteiligt war die Crème de la Crème des Neuen Bauens: u.a. Peter Behrens, Le Corbusier, Walter Gropius, Hans Scharoun, Mart Stam sowie die Brüder Bruno und Max Taut.
Das Haus Le Corbusier – Teil des Unesco-Welterbes – ist heute ein Museum. Die anderen, noch erhaltenen Gebäude sind jedoch bewohnt. Nach dem Rundgang durch das Viertel Besuch des Museums.
Im Anschluss Heimreise oder individuelle Verlängerung.