1. Tag: Individuelle Anreise und Willkommen in Palermo
Nach Ihrer Ankunft im Hotel besprechen wir bei einem Willkommenstrunk das Programm der kommenden Tage. Nach einem Spaziergang zur Porta Felice werfen wir beim Abendessen in einer klassischen Trattoria einen ersten Blick in die palermitanische Küche.
2. Tag: Die Anfänge bis zum Mittelalter
Palermo hat eine sehr bewegte Geschichte hinter sich. Gegründet von den Phöniziern, wurde die Stadt zunächst beherrscht von Römern und Arabern. Sie alle haben ihre Spuren in der Stadt hinterlassen. Zu den faszinierendsten Epochen in der Geschichte Siziliens gehört jedoch sicherlich die Herrschaft der Normannen. Das Einbinden der besiegten Araber, der Juden, Griechen und lateinischen Christen brachte ihnen Macht und Reichtum.
Dieser Reichtum zeigt sich noch heute eindrucksvoll in den normannischen Kirchen von Palermo. Gleichzeitig sind die Bauten auch ein Zeichen der tiefen Frömmigkeit der Normannen und ihrer Orientierung an byzantinischen Vorbildern.
Der labyrinthische Normannenpalast ist der älteste Herrschaftssitz Europas. Immer wieder wurde er umgebaut, um den wechselnden Herrschaftsverhältnissen zu entsprechen. Eine Zeitlang war der Palast sogar Sitz der Inquisition. Mit seiner künstlerischen Pracht und seiner Größe sollte er den Ruhm des normannischen Königtums repräsentieren. Die Hohenstaufer hingegen unterstützen die „Sizilianische Dichterschule", der hochgebildete Literaten angehörten, die nach arabischen, griechischen, lateinischen und französischen Vorbildern Werke einer eigenständigen italienischen Literatur schufen.
In der Capella Palatina finden wir Elemente des lateinischen und des griechischen Christentums ebenso wie islamische Stilelemente. Die Stile bleiben klar unterscheidbar, denn in der Gesellschaft des Königreichs hatte jede Volks- und Sprachgruppe eine vom König bestimmte zugeordnete Funktion im öffentlichen Leben, mit eigenen Rechten und Pflichten.
Auf dem ältesten Straßenmarkt von Palermo, dem quirligen Ballarò im Centro Storico, riechen und schmecken wir das cibo di strada (street food), denn das kulinarische Herz der Stadt schlägt auf den Märkten. Von frittierter Distel bis zu Milzbrötchen, dem pani ca meusa gibt es viel zu probieren. Viel zu schauen gibt es auch, denn neben Artischocken werden Turnschuhe, Käse und Jeans, Rindsleber und Handtaschen feilgeboten.
Im Anschluss geht es zu zwei sehr unterschiedlichen Kirchen, die nebeneinanderstehen: Santa Maria dell'Ammiraglio, auch La Martorana genannt, und San Cataldo. La Martorana hat trotz zahlreicher baulicher Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte einige der schönsten byzantinischen Mosaike von Palermo bewahrt. San Cataldo hingegen fasziniert durch ihre essenzielle Struktur: Das Innere ist streng, schmucklos und deswegen so beeindruckend, während seine roten Kuppeln arabisch anmuten. Sie wurden zusammen mit jenen der Kirche San Giovanni degli Eremiti zu einer Ikone des Multikulturalismus im normannischen Palermo.
Unser Tag endet an der Piazza Pretoria. Für die einen ist sie ein ästhetisches Juwel, für die anderen ein Objekt der Scham. Kritiker nennen sie deshalb auch „Piazza della Vergogna“ (Platz der Schande). Grund für die Kritik sind die unbekleideten Statuen, die den Brunnen zieren. Im Palazzo Pretorio betrachten wir den Schutzpatron der Stadt, der Genius von Palermo: Ein alter Mann mit Bart und Krone und einer Schlange, die an seiner Brust saugt. Welche Bedeutung der Genio die Palermo für die Menschen hat, erfahren wir aus erster Hand von einer Palermitanerin.
3. Tag: Monreale & Kalsa
Monreale wäre trotz Ihres Panoramablicks auf Palermo und die Conca D’Oro keine Stadt, die tausende Besucher anzieht, wäre da nicht der Dom. Als 831 als die Araber die Macht über Palermo übernahmen, wurde die Kathedrale Palermos zur Moschee. Also ließ der Bischof eine neue Kathedrale bauen – in Monreale. 240 Jahre später wurde Sizilien von den Normannen erobert und die Kathedrale von Handwerkern aus Nordafrika und Nahost fertiggestellt. Das Ergebnis ist eine faszinierende Symbiose künstlerischer Stile und religiöser Symbolik.
Vorurteilsfrei, tolerant und die vielen Aspekte der Kunst und Kultur aus Nordafrika und Nahost schätzend, stellte Wilhelm II. die besten arabischen und byzantinischen (sowie normannischen) Handwerksleute für die Arbeit an der Kathedrale an. Das Resultat ist die großartige und faszinierende Vermischung von Architekturstilen, künstlerischen Traditionen und religiöser Symbolik. Atemberaubend sind im Inneren die Kunstdarstellungen: über 6.300 m² Goldgrund-Mosaike, die das alte und neue Testament darstellen.
Im Oratorium des Heiligen Domenico erleben wir das Zusammenspiel barocker Meister. Der perfekte Rhythmus aus Gemälden barocker Maler und Stuckarbeiten des Giacomo Serpotta ziert den Raum. Die Perle des Oratoriums ist das Gemälde von Anton van Dyck, der 1624 nach Palermo gerufen und kurz nach der Entdeckung der Reliquien der Heiligen Rosalie, Schutzpatronin der Stadt, mit der „Madonna mit dem Rosenkranz“ beauftragt wurde. Der klar von Tizian inspirierte Van Dyck begegnete in Palermo der damals schon 90-jährigen Sofonisba Anguissola und verewigte die bekannteste Malerin der Renaissance und Hofdame der spanischen Königin. Er notierte ihre Ratschläge zur Malerei. Sie riet ihm, “ihr Gesicht nicht von oben zu beleuchten, sonst träten die Falten zu stark hervor”.
Nach einem Spaziergang über den Vucciria-Markt, beenden wir den Vormittag mit der Betrachtung des berühmten Murales am Nautischen Institut, das die beiden Mafia-Jäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino abbildet:
"Wenn die Jugendlichen ihre Zustimmung verweigern, wird sogar die allmächtige und mysteriöse Mafia wie ein Alptraum verschwinden."
Worte Borsellinos, die in diesem immensen Wandbild der
Straßenkünstler Rosk & Loste zu uns sprechen.
Im Stadtviertel Kalsa haben wir Zeit zum Ausruhen und regionale Spezialitäten der Berge, Le Madonie zu probieren. Mario und Federico, die beiden Betreiber des kleinen Lokals stammen aus einem Dorf dieser Berge. Sie zogen in die Welt, um dann zurück zu kehren und in ihrem Lokal Madonieat Köstlichkeiten einer fast vergessenen Welt anzubieten.
So gestärkt, können wir uns mit dem Tod im Palazzo Abatellis beschäftigen. Das im 15. Jh. von einem unbekannten Künstler gemalte Bild „der Triumph des Todes“ war der Kern um den sich Wim Wenders' Palermo-Shooting drehte. Imponierend ist diese Momentaufnahme vielfältiger Ausdrucksformen und Gefühle derjenigen, die vom Tod getroffen werden. Seine Ausdruckskraft inspirierte Picassos zu seiner Guernica. (Visita breve)
Im Oratorio di San Lorenzo geht es weiter mit der Ekstase. Der Bildhauer Giacomo Serpotta revolutionierte Ende des 17. Jh. die traditionell als arm angesehene Technik des Stucks in Stil und Kultur. Und so sind seine Putten, die zu Dutzenden die Wände des Oratoriums bevölkern, mehr eine Hommage an die Kinder von Palermo als eine Darstellung von Heiligen. Makaber, fröhlich, neugierig und mit Schalk in den Augen erhellen sie die dunkle Atmosphäre des Oratoriums in ein weißes Fest.
1969 wurde das Oratorium weltberühmt, als das Meisterwerk „Die Geburt Christi“ des Malers Caravaggio entwendet wurde. Um den Verlust zu verschmerzen, wurde eine interessante Lösung gefunden: ein technisch aufwendig angefertigtes Faksimile im Digitaldruck, das auf Leinwand aufgetragen wurde, hängt nun an der Stelle des Originals.
Im Anschluss besuchen wir einer der ältesten normannischen Adelsfamilien Siziliens: die Filangeri. Die letzte Nachkomme der Familie, Donna Maria Concetta Lanza Filangeri di Mirto, beschloss 1982, den Palast mit seinen 66 Zimmern der Region Sizilien zu schenken. Beim Rundgang durch den Palst bewundern wir u.a. das kleine "Fumoir" tapeziert mit Cordoba-Leder, das "Chinesische Zimmer". Porzellanliebhaber kommen beim Anblick des seltenen 400-teiligen Meissner Porzellanservice, welches mit allen im achtzehnten Jahrhundert bekannten ornithologischen Exemplaren verziert wurde, ins Schwärmen.
4. Tag: Falcone & Borsellino und geniale Kacheln
Der Staatsanwalt Giovanni Falcone wurde 1939 in Palermo im - damals von der Cosa Nostra dominierten - Viertel Kalsa geboren. Viele seiner Spielkameraden wurden Mafiosi, die er als Mafia-Jäger später hinter Gitter brachte. Einer der bekanntesten von ihnen war Tommaso Spadaro, der „König der Kalsa“. Ein anderer seiner Spielkameraden wurde zu seinem Freund und Gleichgesinnten, der Staatsanwalt Paolo Borsellino.
Wir beschäftigen uns mit dem Leben und der Arbeit der zwei berühmten Staatsanwälte, die 1992 wegen ihres Engagements im Kampf gegen die Mafia in Palermo umgebracht wurden. Im Justizpalast begegnen wir einem Zeitzeugen und damaligen Mitarbeiter Borsellinos. Seine Erzählungen im gepanzerten Büro, in dem die beiden Staatsanwälte den größten Mafiaprozess geführt hatten, den Italien je erlebte, den sogenannten Maxiprocesso, geben uns einen intimen Einblick in den Kampf gegen die Mafia.
Paolo Borsellinos Tod sollte nicht das Ende sein. Aus diesem Grund gründete der Bruder Borsellinos unweit ihres Geburtshauses einen Verein mit dem Namen „Casa di Paolo“ in dem sich heute die Enkelin Roberta und ehrenamtliche Mitarbeiter bedürftigen Kindern und Jugendlichen aus dem Stadtviertel widmen. Immer noch verlassen zu viele Kinder die Schule und werden so von der Mafia eingefangen. Im Gespräch und bei einem kleinen Mittags-Snack gewinnen wir tiefe Einblicke in ihre Arbeit und den Umgang mit der Vergangenheit.
Zeichen für den Neubeginn in Kalsa sieht man überall: um die die Piazza Marina mit ihren mächtigen Gummibäumen ist bis spät abends quirliges Leben und die Paläste in den Hauptstraßen Via Alloro und Via Torremuzza werden nach und nach restauriert. In der mächtigen Kirchenruine Santa Maria dello Spasimo wurde ein Kultur- und Musikzentrum eingerichtet. Jazzklänge für eine hoffnungsvolle Zukunft.
Nach einem Besuch des schattigen und paradiesischen Botanischen Gartens, beenden wir den Tag mit sizilianischer Opulenz. Im Palazzo Torre Piraino aus dem XVI. Jahrhundert schuf Dario Longo sein "Hausmuseum" , die sog. Stanze del Genio, mit über 4000 handgemalten Majoliken aus Sizilien und Neapel. Grazie, Raffinesse, Harmonie – das ist Sinn und Zweck dieses Ortes.
5. Tag: Kunstprojekt am sizilianischen Himmel
Mit dem Zug fahren wir heute nach Tusa. Ein hübscher Strand, ein paar Kirchen, eine Burgruine und die archäologischen Reste der hellenistischen Stadt Halaesa. Nichts, was man auch nicht woanders finden würde, wäre da nicht Antonio Prestis Fiumara d’Arte. 1986 setzte der damals Anfang 20-jährige seinem verstorbenen Vater ein Denkmal, eine 18 Meter hohe Doppelskulptur, aus weißem und schwarzem Beton von Pietro Consagra. In der Valle dei Nebrodi, unweit von Pettineo, dem Heimatdorf seines Vaters.
In den darauffolgenden Jahren investierte er das vom Vater, einem Bauunternehmer der Hand in Hand mit Kommunalpolitikern und der Cosa Nostra zusammengearbeitet hatte, geerbte Vermögen zum Kampf gegen die Mafia. Ein knappes Dutzend Freiluftskulpturen, wie z.B. das magisch wirkende "Labyrinth der Ariadne" von Italo Lanfredi oder das 20 Meter hohe und 17 Meter breite "La finestra sul mare", das himmelblaue "Fenster zum Meer" von Tano Festa, das sich am Strand von Tusa erhebt. In 30 Jahren entstand ein einzigartiges Freilichtmuseum der Kunst, das größte seiner Art in Europa.
Ein Mitarbeiter Prestis nimmt uns mit zu den auf 70 Kilometer verteilten Kunstwerken und führt uns ein in die Symbiose zwischen moderner Kunst und der sizilianischen Landschaft.
Presti gründete außerdem eine Kulturstiftung und widmet sich seitdem einer Reihe von Kultur- und Sozialprojekten. Schönheit soll Verwahrlosung aufheben, Illegalität vertreiben und den Menschen auf dem Weg zur Selbstfindung bereichern.
Neben den Arbeiten an der Fiumara kaufte Presti 1991 ein kleines Hotel am Strand von Tusa, welches er im Laufe der Jahre verwandelte in „ein Kunstwerk, das, durch die Präsenz seiner Besucher erst vollständig wird“. International gefeierte Künstler*innen wie Hidetoshi Nagasawa, Maria Lai, Raoul Ruiz, Luigi Mainolfi oder Sislej Xhafa und die deutsche Architektin Ute Pyka, bekamen den Auftrag, die Zimmer als Kunstwerk zu gestalten.
Über der Rezeption des „Atelier sul Mare“ liest man das Motto des Gesamtkonzeptes: "Devozione alla Bellezza" - "Verehrung der Schönheit".
6. Tag: Jugendstil in Palermo und moderne Kunst im Hause De Pasquale
Seit jeher übernahmen italienische Großfamilien eine vorherrschende Rolle im sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben der Regionen, in denen keine andere Machtzentrale vorhanden war. Die Familie Florio ist ein solcher Fall. Ihren unüberschaubaren Reichtum erreichten sie durch erfolgreichen Handel und eine intelligente Investition in Industrie. Ignazio Florio Junior und seine Frau Donna Franca Florio waren die absoluten Protagonisten der Pracht der Familie. Ihre Namen stehen für den wirtschaftlichen Höhepunkt der Dynastie und ein nie dagewesenes Mäzenatentum, dem Palermo u.a. das Teatro Massimo verdankt. Schriftsteller, Dichter und Musiker von Maupassant bis Wagner, von Puccini bis D'Annunzio und Oscar Wilde, aber auch Kaiser Wilhelm II. kamen nach Palermo und wurden von den Florios mit allen Ehren empfangen.
Und so ist Palermo auch eine modernistische Stadt. Die Villa Florio, ein Jugendstil-Kleinod von überwältigender Phantasie, ist ein perfektes Beispiel für diese neue Zeit. Ernesto Basile, dem Hauptvertreter des Jugendstils von Palermo, ließ Holz wie Schlingpflanzen um Türen, Gewölbe und Fenster ranken, während die Säulen von Blüten übersät sind. In diesem hochinnovativen und malerischen Gebäude zeigt Basile seine Liebe zur sizilianischen Gotik und Renaissance-Kultur und die Anpassung an die internationale modernistische Strömung.
Auch das Teatro Massimo, damals drittgrößtes Theater Europas, florierte dank den Florios und anderer Familien wie den Whitakers. Seine Opulenz faszinierte auch Francis Ford Coppola, der die dramatischen Schlussszenen von "Der Pate - Teil III" zur Opernmusik von Cavalleria rusticana im Teatro Massimo drehte.
Den Nachmittag widmen wir der Neuzeit, denn die Manifesta im Jahr 2018 katapultierte Palermo in die Moderne. "The Planetary Garden. Cultivating Coexistence" lautete der Titel der Manifesta 12. Die Welt als Garten, als Schnittpunkt von Migration und Zusammenführung. Palermo war durch seine Geschichte von Arabern, Normannen und Spaniern perfekt dafür geeignet. Zentrum der Manifesta war der Palazzo Butera, seit 2005 Besitz von Massimo Valsecchi, der schon eine Galerie in Mailand besaß und der beschloss, seine Kunstsammlung an einem Ort zusammenzufassen.
Während die Manifesta weiterzog, blieb Valsecchi und hofft, mit den Mitteln der Kunst eine Rückgewinnung des Gemeinwesens zu erreichen. Der Palazzo Butera soll eine Pforte in die Zukunft sein und das nicht nur im übertragenen Sinn.
Unser Tag endet bei unseren Gastgebern, der Galleria Nuvole Incontri d’Arte. Sie wurde als Verein zur Förderung zeitgenössischer Kunst gegründet und möchte die Öffentlichkeit mit den verschiedenen Formen des kulturellen Ausdrucks vertraut machen. Im Kunstraum Le Nuvole werden Ausstellungen organisiert und Bildungsaktivitäten für Kinder und Jugendliche angeboten. Gezeigt wird eine Mischung aus italienischer und internationaler Kunst mit Namen wie Letizia Battaglia und Francesco Balsamo. Bei einem informellen Abendessen in der Galerie spricht Raffaella de Pasquale, Leiterin der Galerie, mit uns über den Verein und ein Leben mit der Kunst.
7. Tag: Abreise oder Verlängerung
- Programmänderungen vorbehalten! -